Das Ministerium für Arbeit und Soziales hat einen ersten Regierungsentwurf für ein Lieferkettengesetz (im Gesetz selbst als „Sorgfaltspflichtengesetz“ bezeichnet) vorgelegt (Stand: 1. März 2021). Der Gesetzentwurf legt den Unternehmen abstrakt formulierte Sorgfaltspflichten auf. Ziel des Gesetzgebers ist es, nicht nur über behördliche Eingriffsbefugnisse und Sanktionsmöglichkeiten, sondern auch über die zivilprozessuale Ermächtigung Privater zur Verfolgung von Menschenrechtsverstößen und den Zwang zur öffentlichen Rechenschaft den Vollzug des Gesetzes auf eine möglichst breite Basis zu stellen und so den Menschenrechtsschutz effektiver zu machen.
Der Gesetzentwurf führt zu erheblichen Compliance- und Haftungsrisiken. Denn es gibt keine klaren Handlungspflichten für Unternehmen und deren Geschäftsleitungsorgane. Wegen der Vielzahl an unbestimmten Rechtsbegriffen können Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer kaum mit der für unternehmerische Entscheidungen erforderlichen Sicherheit einschätzen, ob und welche internen Compliance Maßnahmen den Anforderungen des Gesetzes genügen.
Zudem werden die Sorgfaltspflichten von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern weiter aufgeladen. Bei Verstößen drohen daher – neben den Bußgeldern gegenüber Unternehmen – auch persönliche Haftungsrisiken aus Organhaftung, wobei die Rechtsfrage nach wie vor ungeklärt ist, ob und inwieweit etwaige Unternehmensbußgelder im Rahmen der Organhaftung auch gegen Geschäftsleitungsorgane geltend gemacht werden können. Zumindest der D&O-Versicherungsschutz sieht hier typischerweise weitreichende Ausschlüsse oder Einschränkungen vor.
Die Unternehmen sollten als ersten Schritt ein Hinweisgebersystem einführen und dieses Hinweisgebersystem den Akteuren ihrer individuellen Lieferkette zur Verfügung stellen. So können Verstöße in der Lieferkette an das Unternehmen gemeldet werden. Dies lässt sich zum Beispiel über AGBs regeln. Die Geschäftsführung macht hiermit einen ersten Schritt Richtung Erfüllung der neuen Pflichten aus dem Sorgfaltspflichtengesetz.
Die EU-Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (EU-Richtlinie 2019/1937 vom 23.10.2019) ist als Whistleblower-Richtlinie bekannt. In Deutschland ist ein nationales Umsetzungsgesetz geplant. Bis dieses gilt, entfaltet die EU Whistleblower-Richtlinie teilweise unmittelbare Wirkung.
Die Whistleblower-Richtlinie ist ein Rechtsakt der Europäischen Union, die den Schutz von Hinweisgebern oder Whistleblowern bezweckt. Die Richtlinie verpflichtet Unternehmen und staatliche Stellen zum einen zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems, zum anderen verbietet sie die Sanktionierung von Whistleblowern. Die Umsetzung der Richtlinie 2019/1937 vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden wird in 2021 erfolgen.
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